Einleitung:

Immer häufiger erlebe ich bei in der Sterbebegleitung tätigen Menschen das Bedürfnis nach energetischer Reinigung. Kollegen in stationären Einrichtungen bestätigen häufig, was ich selbst schon oft erlebt habe: In bestimmten Zimmern kehren besondere Themen immer wieder oder häufen sich bestimmte Symptomlasten. So gab es in dem Hospiz , in dem ich als Krankenschwester tätig bin, immer wieder das Thema Durchfall in einem der Zimmer, obwohl die Ursachen für die Diarrhoen der darin aufgenommenen Patienten verschiedenste Ursachen hatten. In einem anderen Zimmer tauchten wiederholt psychische Belastungen bestimmter Art auf und es gab das Zimmer, in dem wir immer wieder Menschen mit einem Bronchialkarzinom aufnahmen. Es war, als hätten diese Räume energetische Muster gespeichert und als würden sie bestimmte Phänomene immer wieder anziehen. Also begannen wir als Team damit zu beschäftigen, wie man solche Muster durchbrechen und jedem neuen Patienten ein freies, unbelastetes und geschütztes Zimmer vorbereiten könnte. Auch für uns selbst suchten wir eine Form, Belastendes abzustreifen, keine Fremdenergien mit nach Hause zu nehmen und uns geschützt zu fühlen. Mit Räucherungen können nicht nur Räume gereinigt, gute Geister gerufen, sondern auch Personen energetisch gereinigt und „geheiligt” werden, also „heil” werden im Sinne von rein und unversehrt.

Zur Kulturgeschichte des Räucherns:

Das Räuchern ist transkulturell, es wurde und wird in fast allen Kulturen praktiziert. Vor ca. 400000 Jahren gab es archäologisch belegt bereits Feuerstellen. Bereits damals werden die Menschen mit den unterschiedlichen Düften der verschiedenen Räucherstoffe experimentiert und diese vielleicht sogar schon rituell oder kultisch eingesetzt haben. Das Feuer bot Schutz vor wilden Tieren und untereinander spendete es Wärme, Geborgenheit, einen Ort des Beisammenseins und des Erzählens Nebenbei entfaltete sich nicht nur der Duft des Holzes oder der getrockneten Pflanzenteile, die ins Feuer gelegt wurden, sondern auch die Wirkung. Diese Erfahrungen machten sich die Menschen zu nutze und setzten bestimmte Räucherstoffe dann zu den erfahrenen Zwecken ein. In der Antike wurde die bewusstseinserweiternde Wirkung bestimmter Räucherstoffe genutzt. Der Weihrauch beispielsweise ist, wie der Hanf, THC-haltig und ermöglicht uns den Zugang zu anderen Bewusstseinsebenen. Beim Orakel von Delphi saß die Pythia, die Seherin, die ihre Visionen in Orakelsprüchen kundtat, über einer Öffnung, aus der Rauch aufstieg, wobei es sich vermutlich um geräucherte Bilsenkrautsamen handelte, die stark psychoaktiv wirken, aber auch die Alraune, der Stechapfel und der Hanf könnten dazu gehört haben. Im Mittelalter verräucherte man Bilsenkrautsamen übrigens zur Analgesie vor einer Zahnbehandlung!
Weshalb wurde und wird geräuchert?

  • Schaffen einer erotischen Atmosphäre
  • Magische Zwecke, magische Rituale
  • Kontakt mit Göttern, Geistern und Ahnen
  • Opfer an die Götter
  • Unterstützung von Meditationen
  • Intensivierung von Gebeten
  • Vertreiben von Dämonen und Krankheitsgeistern
  • Unangenehme Gerüche beseitigen
  • Raumluftdesinfektion
  • Wohlfühlatmosphäre schaffen
  • Heiligen Raum schaffen
  • Räuchern zur Begleitung von heiligen Ritualen
  • Räuchern als eigenständiges Ritual
  • Zum Geleit der Toten in die jenseitige Welt
  • Eigene Attraktivität steigern
  • Zur Ehrung von Gästen
  • Zur Veränderung von Stimmung und Bewußtsein
  • Insektizid
  • Haltbarmachen von Lebensmitteln
  • Parfümierung
  • Freude und Unterhaltung

Wie „funktioniert“ das Räuchern in der Vorstellung der Menschen?
Beim Räuchern wird die „Seele“ des Räucherstoffes freigesetzt. Transformiert durch das Feuer steigt diese auf in die obere Welt zu den Göttern und dient diesen als Nahrung. Für die Menschen werden hochwirksame Inhaltsstoffe des Räucherwerks freigesetzt und diese dienen zu medizinischen und / oder kultischen Zwecken. Im Rauch setzt sich das Wesen einer Pflanze frei.
Was wird verräuchert?
Wurzeln, Gräser, Blätter, Hölzer, Rinden und Harze, Triebspitzen
Den sinnvollen, hilfreichen und transformierenden Ablauf eines Räucherrituals zeige ich in meinen Kursen.

Räuchern mit Wermut

Als Beispiel möchte ich den Einsatz von Wermut als Räucherstoff beschreiben:
Wermut (Artemisia absinthium) hat einen sehr hohen Bitterstoffgehalt und gilt traditionell als Heilmittel bei Magen-Darm-, Leber- und Gallenerkrankungen. Die Bitterstoffe erleichtern die Verdauung und helfen uns bei der Fettverbrennung. Hierbei entlasten sie Leber und Galle, die Verdauungssäfte können dort hinfließen, wo sie gebraucht werden.
Ich empfehle die Räucherung mit Wermut in Sterbezimmern, in denen ein Mensch gewohnt hat, der viel „Unverdautes“ seelisch im Gepäck hatte, zum Beispiel aufgestaute „Wut im Bauch“ und der viel „Verbitterung“ in sich trug. Es passt auch zu jemandem, der immer alles „geschluckt“ hat, der keinen Mut hatte, sich zu wehren. „Wermut“ fördert „Wehrmut“.
Da der Wermut in der Antike der Göttin Artemis geweiht war und man ihm die Fähigkeit zusprach, Fruchtbarkeit sowohl bei Frauen, als auch bei Männern zu fördern, denke ich, dass auch Verbitterung durch Kinderlosigkeit ein Thema für eine Räucherung wäre.
Wie sein enger Verwandter, der Beifuß (Artemisia vulgaris) galt er im Brauchtum als Geister und Dämonen abwehrende Pflanze, Wolf-Dieter Storl bezeichnet den Beifuß sogar als stärkste Räucherpflanze gegen negative Einflüsse in unseren Breiten. In sofern können wir mit den Artemisiaarten unsere Hospizzimmer wirkungsvoll reinigen und dem nachfolgenden Hospizgast eine Atmosphäre ohne Anhaftungen bereiten, sowohl auf der seelischen als auch auf der körperlichen Ebene, wenn der Wermut bei o.g. Krankheitsbildern bzw. seelischen Prozessen zum Räuchern des Zimmers des Verstorbenen zum Einsatz kommt.